Es bedarf keiner Hochstapelei, um Martin Zingsheims Einstand als durchaus sensationell zu bezeichnen: Als er vor gut zwei Jahren sein erstes Solo "OPUS MEINS - Kabarett und Zukunftsmusik" präsentierte, war schnell klar, dass hier ein komödiantischer Rundumschlag gelungen ist. Engagements auf den wichtigsten Bühnen der Republik, ein begeistertes Presseecho, Fernsehauftritte und zahlreiche Preise folgten. Am 7. November gastiert Zingsheim mit "OPUS MEINS", der "schwindelerregenden, intellektuellen Achterbahnfahrt, die man nicht so schnell vergisst" (Kölner Stadtanzeiger), für einen einzigen Abend im Wiener Kabarett Niedermair. Im Interview mit kabarett.at spricht er über das Programm, seine künstlerischen Einflüsse, seine Beziehung zu Wien und einiges mehr.
„Kabarett und Zukunftsmusik“ ist der Untertitel deines Programms, das du im Kabarett Niedermair spielst. Worum geht es und was ist das „Zukünftige“ daran?
Mein Programm ist kein Themenabend im klassischen Sinne, sondern ein wilder assoziationsgeleiteter Ritt durch nahezu alle Bereiche des privaten, gesellschaftlichen, politischen und künstlerischen Lebens. Es geht um Liebe und Hedgefondues, um Afrika und 1968, um sprachliche Abgründe und verzweifelte Komponisten. Ob ein solcher musikalisch-kabarettistischer Cocktail tatsächlich etwas Zukünftiges hat, wird sich zeigen… Ansonsten ist es wie bei jedem Drink: Haptsache es knallt am Ende ordentlich!
Es ist dein erstes Soloprogramm und du sorgtest damit auf Anhieb für Aufsehen, konntest u. a. drei Kabarettpreise binnen drei Tagen erspielen. Wie erklärst du dir diesen Erfolg? Hat deine Form von Kabarett ein spezifisches Alleinstellungsmerkmal?
Ja, es ist mein erstes Soloprogramm, aber ich hatte einige Jahre lang die Gelegenheit, zwei fantastische Kabarettisten am Klavier zu begleiten und Ihnen aus einigem Sicherheitsabstand bei der humoristischen Abendgestaltung lernend zuzusehen. Ansonsten: Preise gewinnen ist wie Lotto-Spielen. Du gibst was ab und alles andere hast Du nicht in der Hand. Ich habe mit den exakt gleichen Nummern sowohl Wettbewerbe gewonnen als auch mit deutlichem Abstand nicht gewonnen. Bei Preisen sind immer viele, viele Zuschauer im Saal, da das Gladiatorenkampf-Prinzip auch im Lachgeschäft nichts von seiner Anziehungskraft verloren hat. Ich merke, dass mir andauernd jemand erzählt, was in seinen Augen mein Alleinstellungsmerkmal sei und das ist nahezu jeden Abend etwas anderes. Wahrscheinlich haben diese Leute Recht!
Du hast u. a. historische Musikwissenschaft studiert, aber auch Philosophie. Kannst du kurz den Weg skizzieren, der dich auf die Kleinkunstbühne geführt hat?
Geburt, Kindheit, Klavierunterricht, zunehmend seltener Schulunterricht besuchen, zunehmend mehr komponieren, ImproDinnerShowTheaterWahnsinn in Bonn, akademische Weihen, Notausgang Kabarett.
In der deutschen, aber auch der österreichischen Szene, gibt es immer wieder Debatten, in denen das „seriöse“ Kabarett der „platten“ und „seichten“ Comedy gegenübergestellt wird. Wie stehst du zu dieser Diskussion?
Das ist das meiner Meinung nach mit Abstand überschätzeste, künstlich aufgeblasenste und vollkommen sinnloseste Thema auf diesem Planeten. Zum Glück stelle ich fest, dass es in unseren Reihen der jungen Bühnenspaßvögel doch zunehmend an Bedeutung verliert. Ein Witz über die FDP oder Angela Merkels Frisur galt ja lange Zeit als eine Art intellektueller Ritterschlag in Kreisen der selbsternannten kabarettistischen Wanderprediger, was hoffentlich bald ein endgültiges Ende hat. Mir ist es beispielsweise völlig gleichgültig, unter welchem ohnehin unzureichenden Etikett man meine Show anpreist: Kabarett, Comedy, Chanson, unverarbeitete Kindheitserlebnisse, Fahrstuhlmusik. Wenn hinter dem auf der Bühne Gesagten eine Haltung steht, brauche ich auch kein Label für eine Schublade, in der ich ohnehin nur selten liege.
Welche sind deine künstlerischen Einflüsse? Gibt es Vorbilder aus dem Kabarett-, aber auch Musikbereich?
Ich liebe Bob Dylan und Herman van Veen. Würde sie aber niemals als Vorbilder zu bezeichnen wagen. Dennoch finden sie auf die ein oder andere Weise in meinem Programm statt. Im Feld der sogenannten Kleinkunst betrachte ich beispielsweise Jochen Malmsheimer als den für mich vielleicht allergrößten sprachbasierten Unterhalter, aber wir haben sicherlich künstlerisch gar nicht gemein. Da ich einen notorisches Vergnügen an Parodien habe, muss ich ohnehin aufpassen, was ich mir alles anschaue oder anhöre,…wer weiß, was sonst mit meinem Alleinstellungsmerkmal so alles passieren könnte.
Dein erstes Programm läuft seit nunmehr über 2 Jahren. Was kommt als nächstes?
Jedes Jahr ab Mitte November präsentiere ich eine aktualisierte Version meines Weihnachts- und Jahresrückblicksprogramms "Gottes Werk und Martins Beitrag". Nächstes Jahr im Oktober folgt die Premiere meines zweiten Soloprogramms "kopfkino" in der Münchener Lach- und Schießgesellschaft. Dazwischen darf ich mich glücklicherweise auf einige Herausforderungen in Sachen Funk und Fernsehen freuen.
Abschließend: Was kommt dir in den Sinn, wenn du an Österreich / Wien denkst?
Dass ich früher, so mit mit 17, 18 Jahren rituell an Karneval allein nach Wein geflohen bin, um eine Woche lang die Museen und die Oper unsicher zu machen und dass ich mich zeitweise hinsichtlich Straßenkenntnis im 1. Bezirk besser auskannte als in der Kölner Altstadt. Seit meinem ersten Auftritt in Wien 2012 habe ich das Niedermair sehr in mein Herz geschlossen. Es ist für mich ein besonderer Ort mit besonderen Menschen, auf die ich mich schon wieder sehr freue. Einer der besten Orte für erstklassige Abendunterhaltung jenseits von Massenhysterie und Mainstreamgläubigkeit. Außerdem haben sie erstklassigen Veltliner!
"OPUS MEINS - Kabarett und Zukunftsmusik" von und mit Martin Zingsheim. Am 7. November 2013 um 19:30 Uhr im Kabarett Niedermair. Tickets: www.oeticket.com, www.niedermair.at. (Tickets schnell sichern - einziger Ö-Auftritt 2013!)